Lena stand an der Voliere und schimmerte leicht vor den hellen, sonnigen Blendung, die durch das Plastikdach drang. Alles war wie es sollte: ordentlich ausgebaute Liegen, makellose Sauberkeit, kaum wahrnehmbarer Geruch nach Desinfektion und acht flauschige Welpen, die sich mit ihrem Schäferhund namens Lada an ihre Mutter kuschelten.
Sie hockte langsam und korrigierte einen perfekt gebügelten Trainingsanzug mit dem Markenlogo des Kindergartens. Lada hob den Kopf hoch, ihre feuchte Nase zuckte leicht in Richtung der Gastgeberin. Der Blick des Hundes war aufmerksam, fast alarmiert. Aber Lena sprach sanft, fast liebevoll:
– Gut gemacht, gutes Mädchen. Was ist alles schön…
Sie nahm den ersten pummeligen Welpen vorsichtig mit, mit dickem Fell und einem richtigen hellgrauen Unterteil. Ich habe Ohren, Pfoten, Brüste untersucht. Alles ist in Ordnung. Der zweite auch. Der dritte, der vierte … Alle acht erfüllten die Standards. Genau das war wichtig: Farbe, Biss, Wollstruktur, Temperament. Seit Jahren hat Lena den Ruf ihres Zwingers aufgebaut, und jede Abweichung könnte alles ruinieren. Jeder Welpe musste sich selbst rechtfertigen – schließlich war es ein Geschäft, keine Wohltätigkeitsorganisation.
Schon beim Aufstehen bemerkte sie, wie sich der Lada plötzlich angespannt hatte und die Ecke der Voliere bedeckte. Von dort, unsicher und verspätet, kam noch ein kleiner Klumpen heraus. Er war dunkel, fast schwarz, mit einem klobigen erhobenen Kopf und einem seltsamen roten Fleck direkt auf der Stirn.
– Was ist das sonst noch? – Lena kehrte scharf in die Ausgangsposition zurück, schaute genau hin.
Die Finger waren nicht mehr zart – sie packte den Welpen scharf am Widerrist und hob ihn vor sich her.
– Nun, das ist eine Überraschung für dich. Der neunte … Und eindeutig ein Defekt. Wer hat dich hier reingelassen?
Lada hat sich beschwert, aber Lena hat nicht aufgepasst. Sie sah den Fleck an, als wäre er ein Riss in einem Schmuckstück.
– Alles klar, Mädchen. Ein weiterer solcher Wurf— und du wirst dich nicht mehr brauchen.
Der Welpe wiegte sich in der Luft, aber ihr Griff war stark. Ohne zu zögern warf sie ihn zurück auf den Wurf, neben ihren Brüdern. Die haben sich sofort zurückgezogen – wer rausgekrochen ist, der hat sogar unglücklich geknickt.
Als Lena herauskam, überflutete die Sonne wieder die Voliere. Und im Schatten blieb ein schwarzer Klumpen, der sich zu einem Gewirr zusammengerollt hatte, mit einem dummen Fleck auf der Stirn — einem Stempel, der für ihn noch große Schwierigkeiten bereiten würde.
Es sind zwei Wochen vergangen. Lena saß im Auto und blätterte Notizen in ihrem Telefon, als der Anruf ertönte. Mit Verärgerung, aber ruhig, antwortete sie:
– Ja, Galya. Was ist passiert?
“Weißt du noch, Knochen und Pascha haben bald Geburtstag”, klang die Stimme ihrer Schwester träge, aber mit einem Hauch von Unzufriedenheit. – Wir haben beschlossen, zu Hause zu feiern, wir werden einen Animator mieten. Nur sie fragen seit einem Monat nach einem Welpen…
– Einen Welpen? Lena schnaubt. – Sie werden in einer Stunde etwas kaputt machen.
– Sie sind Kinder, was zu tun ist. Sie werden sich trotzdem nicht ablenken lassen. Vielleicht kannst du dir selbst sagen, wo du es bekommst…
Damals erinnerte sich Lena an ihn — schwarz, fleckig, defekt. Niemand braucht es.
– Es gibt einen. Von der letzten Brut. Nicht nach dem Standard, aber gesund. Männchen.
“Nun …”, Fragte Galina mit Zweifel. – gut. Lass ihn nur ein wenig erwachsen werden. Ich will nicht sehr klein sein.
Der Deal wurde abgeschlossen. Ein Geschenk, das in Pflege eingewickelt war, erwies sich tatsächlich als bequemer Weg, um die überschüssige Last loszuwerden.
Als Michalych — ein stiller Helfer mit ewiger Stirnrunzeln im Gesicht — nach dem Welpen kam, machte sich der Bund Sorgen. Sie spürte: Das ist kein gewöhnlicher Besuch. Der Mann öffnete das Tor, trat hinein. Der Welpe saß in der Ecke, war bereits erwachsen, aber immer noch so ungeschickt.
—Nun, Kleiner, komm …” murmelte er, als hätte er sich entschuldigt. – Das habe ich nicht entschieden.
Er beugte sich vor und nahm ihn vorsichtig in die Arme.
Lada warf sich vorwärts, die Zähne klickten in der Luft. Aber Michalych kam schon raus, ohne sich umzudrehen. Hinter dem Rücken blieben gequetschte povizgivaniya, und dann – taub, voller Schmerzen bellen.
Lenas Auto wartete bereits am Tor.
“Schneller”, warf sie kurz hin und blickte nicht einmal zurück. — Befördern.
Auf dem Hof stand ein lautes Fest. Ballons, Lautsprechermusik, der Geruch von Pizza und zwei Zwillingsbabys liefen mit freudigen Schreien in Richtung des Autos:
– Er gehört uns! Ich habe es zuerst gesehen!
– Nein, meins! Ich habe zuerst gesagt!
Das Auto blieb noch nicht vollständig stehen, als sich die Türen öffneten. Michalych hatte gerade Zeit, den Welpen auszustrecken, als zwei Hände gleichzeitig auf ihn fielen. Der Welpe wiegte sich, als er zwischen zwei Körpern landete. Er wurde in eine Richtung gezogen, dann in die andere. Die Pfoten baumeln hilflos in der Luft.
– Hör auf! Sie werden ihn fallen lassen! – Galina verließ das Haus und runzelte die Stirn. – Geben Sie es her!
Ihr Gesicht drückte eher Müdigkeit als Freude aus. Sie nahm den Welpen maschinell mit und übergab ihn an einen der Söhne — ohne zu wissen, an wen genau.
– Okay, spielen Sie. Nur vorsichtig.
Mit diesen Worten ging Galina zu Lena auf die Veranda, wo der Tee in Porzellantassen bereits abgekühlt war.
Der Welpe blieb allein — in den Händen von zwei neuen “Besitzern”, die ihm nie in die Augen blickten.
Er habe das Geschehen nicht verstanden. Es wurde geschnappt, umgedreht, geworfen. Sie haben die Leine an eine Schaukel gebunden, sie haben sie geschüttelt und losgelassen. Er wusste nicht, was das «Spiel» war und konnte dieses Chaos nicht aufhalten. Er hat nur versucht zu atmen.
– Komm schon, er ist jetzt ein Drache! er schrie, als er ein Spielzeugschwert schwang. – Und du bist ein Ritter!
– Nein, ich bin ein Ritter! Ich bin ein Zauberer! — Pascha widersprach und schlug den Welpen mit einem Plastikstock an den Seiten.
Er wiegte, fiel zu Boden, der Kopf drehte sich. Die Pfote zuckte unbeholfen, aber die Jungs liefen schon weiter und lachten.
Galina saß inzwischen mit ihrem Handy am Fenster. Der Welpe näherte sich mehrmals der Tür und miaute vorsichtig, in der Hoffnung, dass er eingelassen würde. Aber niemand hat geöffnet. Und er kehrte wieder dorthin zurück, wo der Schmerz die Norm war.
Der letzte Strohhalm war die Rutsche. Kostya kletterte auf sie und schrie sie an:
– Er wird sofort fliegen!
Pascha kicherte und setzte den Welpen an. Dieser versuchte zu rutschen, bekam aber einen entscheidenden Schub. In der Luft drehte er sich um, fiel auf die Seite — taub, mit einem Stöhnen. Ich konnte mich nicht mit einer Pfote bewegen.
Aber die Jungs zogen ihn wieder an. Hände. Wieder Schmerzen. Der Welpe hat gewogen und gebissen.
Zuerst packe ich — für die Wange. Dann trage ich es am Handgelenk. Nicht viel. Nicht aus Wut. Nur damit sie zurückbleiben.
Das war genug.
Als Pascha schrie und seine Wange festhielt, war bereits Blut aus der Wunde gelaufen und hatte ein T-Shirt gepackt. Kostya riss sich aus, riss die Leine, aber der Welpe, in Angst gefangen, warf sich hin und griff sich an das Handgelenk des zweiten Kindes. Die Augen sind ausgestreckt, die Pfoten beugen sich, die Gedanken verwirren sich. Es blieb nur, sich zu verteidigen – wie er es kann. Keine Gedanken— nur Herzschläge, Schmerzausbrüche und Panikattacken. Die Welt hat sich auf einen Augenblick verengt, der immer noch eine Narbe hinterlassen hat — am Körper, im Gedächtnis, in den Stimmen.
– Er hat gebissen! Mama! Er hat uns gebissen! sie schrien beide und kuschelten sich an ihre Schnitte.
Galina lief zerzaust in den Hof, der Bademantel war halb aufgeknöpft. Hinter dem Rücken steht Lena, die ebenfalls von der Veranda eilte.
– was ist passiert? Was haben Sie wieder getan?
– Er hat mich gebissen! – Pascha schüttelte den Kopf. – Hunde sollten das nicht tun!
Galina übersetzte den Blick von den Kindern auf einen Welpen, der in einer anderen Ecke des Hofes zusammengeschrumpft war. Für einen Moment schien es ihr — sie sah zum ersten Mal, wie klein, verängstigt, verloren er war. Aber Wut hat jedes Mitleid blockiert.
– Wirf ihn weg! Sofort!
Die Jungen machten fröhlich mit. Lena wandte sich ab und holte das Telefon heraus.
– Mikhalych, kannst du vorbeikommen?
—Ich bin weggegangen”, schallt es aus der Küche.
Galina warf einen Blick auf den Gärtner, einen stillen Mann in einem Arbeitsoverall.
– Vertreibe ihn. Nimm etwas! Er hat meine Kinder gebissen!
Der Mann nickte und ging zur Scheune. Der Welpe spürte die Gefahr, drückte sich dichter auf den Boden. Das Herz schlug oft, die Augen konnten sich nicht konzentrieren — nur Silhouetten, Gerüche von Angst und Wut.
Er eilte zum Tor, aber es war verschlossen. Ich drehte mich um — der Gärtner war schon unterwegs, in der Hand ein Besen. Ohne zu schwingen, ohne zu schreien, selbstbewusst.
Der Welpe rannte zum Rasen, dann zum Blumenbeet, wieder zurück. Der Körper tat weh, die Pfote beugt sich, aber die Angst treibt voran.
Und dann ist es Zufall. Das Auto fuhr in den Hof ein. Die Frau mit der Schachtel kam aus ihr heraus, konnte die Tür nicht einmal schließen. Das Tor hat sich inzwischen etwas geöffnet.
Ohne zu denken, sprang der Welpe. Er drückte sich zwischen seine Beine, rutschte nach außen und rannte — kopfüber, ohne die Straße zu wählen. Dahinter – Schreie, Bellen, Schritte, aber alles ging im Wind verloren, im Schmerz, im Trommelklopfen des Herzens.
Er lief lange. Die Stadt ist zurückgeblieben. Dann – Zäune, Büsche, feuchte Lichtungen.
Der Staub hat sich in die Nasenlöcher eingeklemmt, die Augen sind vor Tränen eingeklemmt. Sobald er aufgehört hat, aus einer Pfütze zu trinken, wurde er herausgerissen. Die Pfote schwoll an, der Atem wurde zerrissen.
Er fiel unter einen Busch, vergraben mit der Nase in den Boden und bewegte sich nicht mehr.
In einem Traum träumte seine Mutter. Wärme, Sicherheit, ihre weichen Seiten. Sie leckte ihn, drückte ihn an sich. Und dann – wieder Schreie, Schläge, Stimmen, Schmerzen. Er schluchzte, drückte seine Pfoten zusammen.
Die Nacht verging ohne Licht. Die Kälte sickerte durch die Haut. Der Welpe wachte nicht auf – er war nur irgendwo zwischen Leben und nichts.
Etwas hat den Busch berührt.
– Nun, noch am Leben? —die Stimme war senil, heiser, aber freundlich. – Hey, Kleiner.…
Der Welpe hat die Augen nicht geöffnet. Es gab keine Kraft. Jemandes Hände hoben vorsichtig seinen Kopf hoch.
– Ja, eine Pfote, eine Seite … voller Zapfen. Ist er aus dem Krieg zurückgekehrt?
Es roch nach Rauch, Erde und altem Eisen. Der Welpe öffnete ein Auge – er hatte ein Gesicht vor ihm, das mit grauen Borsten bedeckt war, mit tiefen Falten und aufmerksamen, freundlichen Augen.
Der alte Mann hielt seine Finger vorsichtig über das Ohr des Welpen und berührte die Seiten. Tut nicht weh. Nicht scharf.
—Du bist ein Held”, murmelte er. – Wer hat dich so fertig gemacht? Hast du dich selbst reingeschlichen oder hast du geholfen?
Er hob den Hund vorsichtig in die Arme. Der Welpe schluchzte, wehrte sich aber nicht. Es war warm in seinen Handflächen — anders, anders als bei den Kindern oder der Gastgeberin. Es war ein warmes Schweigen, ohne Forderungen und Schmerzen.
— Gehen. Wir werden dir Wasser besorgen. Und es wird sichtbar sein.
Der Welpe wusste nicht, wer dieser Mann war. Aber zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er keine Angst.
Ein dünnes Rinnsal Wasser sickerte aus einem alten Rohr. Zuerst schnüffelte der Welpe an seiner Handfläche, dann näherte er sich vorsichtig der Quelle. Der Geruch war echt — kein Chlor, keine Seife. Nur kaltes, lebendiges Wasser. Er fing an zu trinken – zuerst unsicher, dann gierig und schluckte, als ob er Angst hatte, dass er verschwinden würde. Die Spritzer flogen in alle Richtungen, die Wolle verdunkelte sich vor Feuchtigkeit.
Der alte Mann beobachtete schweigend, schielend.
– So ist es, Kleiner. Trinkest. Und ich werde entscheiden, was ich mit dir machen soll. Ich bin selbst ein Bettler, esse, wo ich muss, ich schlafe, wie ich muss. Aber wenn du hier bleibst, wirst du in der Nähe sein.
Der Welpe trank, bis er auf seine Seite fiel und atmete schwer. Der alte Mann wischte seine Nase vorsichtig mit dem Saum seiner abgenutzten Jacke ab.
– Du brauchst einen Namen. Du kannst nicht nur ein “Hund” sein.
Er nahm die Schnauze des Welpen in die Handfläche und schaute in die Augen.
– Rex? Nein. Jack? Komm schon, es ist zu fabelhaft. Weißt du was … Du wirst ein Freund sein. Weil du jetzt mein Freund bist. Und ich für dich. Vielleicht wird es für uns beide etwas einfacher.
Der Welpe drückte leise. Als hätte er geantwortet. Als hätte ich es verstanden.
Das Haus war alt, mit eingeschlagenen Fenstern, einem Eisendach und verschlossenen Türen. Aber drinnen war es trocken. Der Boden ist mit Lumpen bedeckt, in der Ecke befindet sich ein hausgemachter Ofen. Der alte Mann — sein Name war Andritsch – sammelte Reisig, entfachte ein Feuer. Der Welpe hat sich in der Nähe zusammengerollt, an der Hitze. Die Pfote ist noch geschwollen, aber nicht mehr so stark.
Das Essen ist ein bisschen Konserven, ein paar Stücke Schwarzbrot. Andritsch hat alles in zwei Hälften gebrochen: eine Hälfte für sich selbst, die zweite für den Hund.
– Wir werden eine Regel haben, okay? Wir teilen es gleichmäßig – er kaute langsam. – Wir werden unsere Statuten erstellen.
Es sind einige Wochen vergangen. Der Welpe ist merklich gewachsen. Die Pfote ist geheilt, das Fell ist verblasst. Andritsch lehrte ihn: Kein Essen ohne Befehl zu nehmen, ohne Grund nicht zu bellen, das Haus zu bewachen. Der Hund lernte schnell. Es hatte ein besonderes Merkmal – die Fähigkeit zuzuhören, den Wunsch zu verstehen, den Wunsch, in der Nähe zu sein. Und Andritsch hat es bemerkt.
Und abends, als der Ofen knisterte und der Wind draußen ausströmte, goss der alte Mann sich einen Becher mit etwas Starkem und sprach::
– Meine Frau, Lida, hat das nie verstanden. Für sie ist der Hund nur Möbel. Ich bin zu einem anderen gegangen. Und meine Tochter, Tanyusha, war klein, Verochka nannte sie. Sie haben sie mitgenommen. Sie sagten, sie sei krank. Ich habe das Haus verkauft, alles gegeben. Und sie haben betrogen, sind nach Deutschland gegangen. Kein Brief, kein Anruf.
Ein Freund lag daneben und legte seinen Kopf auf das Bein des Besitzers. Andritsch legte seine Hand auf seinen Rücken.
– Du bist geblieben. Mein einziger. Freund.
Der Morgen war düster, grau. Die Schneeflocken wirbelten durch die Luft, obwohl der Herbst noch nicht vorbei war. Andritsch, sich in einen alten Scheffel eingewickelt, saß am Lagerfeuer hinter dem Haus. Er trank leise aus einer Blase, als würde er mit Erinnerungen sprechen. Ein Freund lag in der Nähe — streckte sich entlang seiner Beine und beobachtete die Flammen.
“Heute ist sie vierzig”, sagte der alte Mann und blickte ins Feuer. – Tanjusha gehört mir.
Er hat nicht auf eine Antwort gewartet. Ich wollte nur, dass jemand da ist. Und ein Freund war da. Er verstand die Worte «vierzig Jahre alt» nicht, wusste nicht, wer Tanya war, aber er fühlte: Dem Besitzer tut es weh.
—Ich dachte, ich werde es vergessen”, fuhr Andritsch fort. – Dass ich mich aus mir raube. Es hat nicht funktioniert. Klappt nicht…
Er ist aufgestiegen. Torkelnd. Das Lagerfeuer ist durchgebrannt. Ein Freund stand auch auf, angespannt, bereit, ihm zu folgen.
— Ich gehe spazieren.
Andritsch ging auf die Straße. Die Autobahn war leer. Er ging nicht fest, betrunken, aber mit einer gewissen inneren Entschlossenheit. Der Hund trat nebenan. Und in dem Moment, in dem das Quietschen der Bremsen, der Metallschlag auf das Fleisch und das dumpfe Geräusch des Fallens ertönten, heulte ein Freund.
Andritsch lag am Straßenrand, regungslos. Das Blut trat im Gesicht auf, die Finger waren ausgestreckt wie eine Puppe. Das Auto blieb stehen. Der Fahrer sprang aus ihr heraus. Es gab Schreie. Jemand hat einen Krankenwagen gerufen. Und ein Freund eilte zum Besitzer — leckte sein Gesicht, stieß mit seinen Pfoten hinein, jammerte. Als die Leute anfingen sich zu nähern, stand er zwischen ihnen und Andrichs Körper. Ich habe es nicht gelassen.
Er wurde weggezogen. Mit einem Gürtel an einen Baum gebunden. Er kämpfte, bis die Kräfte ihn zurückließen. Der alte Mann wurde weggebracht. Ohne Hund.
Die Nacht war lang. Der Wind heulte in den Ästen. Ein Freund saß am Baum und arbeitete mit den Zähnen an einem Gürtel. Nagte, zerriss und ertrug Schmerzen. Am Morgen war er frei.
Ich bin auf der Straße gelaufen und habe nach dem Geruch gesucht. Dann habe ich es verloren, dann habe ich es wieder gefunden. Aber nach einer Stunde war die Spur verschwunden. Er hielt an, schnüffelte, hob seine Schnauze in den Himmel. Und kehrte dorthin zurück, wo er seinen Mann zuletzt gesehen hatte.
Er lag direkt am Straßenrand. Und fing an zu warten.
Die Tage vergingen. Manchmal fuhren Autos vorbei. Manchmal passten Leute. Jemand hat etwas zu essen gegeben. Jemand hat versucht, näher zu kommen. Aber er ließ niemanden rein. Nur einer ist Andrejitsch.
Die Wangen fielen ein, die Rippen traten ein, aber er ging nicht weg. Wartetest. Bei jedem Wetter. An einer Stelle.
Ein Krankenwagen fuhr vorbei. Ein bekannter Geruch. Der gleiche Motor. Die gleichen Formen. Und ein Freund eilte ihr hinterher. Er hat nicht nachgedacht. Er wusste nur— dass sie seinen Meister im Glück hatte.
Durch die ganze Stadt, durch die Straßen, unter den Autos. Stöße, Stürze, Ruckeln — nichts hielt ihn auf. Er ist geflohen.
Das Krankenhaus hat Lärm. Die Leute. Kalte Steine unter den Pfoten. Türen.
Er hallte – laut, schrill, als ob er nicht mit seiner Stimme, sondern mit seiner ganzen Seele schrie.
– Wer hat den Hund hier reingelassen?!
– Er ist ein Fremder … Woher kommt er überhaupt?
Der Welpe, der in einen Freund aufgewachsen war, bellte so, dass die Luft zitterte. Er hat gerufen. Er hat gefordert. Und er wurde eingelassen — fast aus Versehen, während die Wachen abgelenkt waren. Er brach in den Flur ein und raste wie ein Hurrikan, bis er sich mit der Schnauze in die Tür eines der Zimmer beugte. Dort heulte er — lang, schmerzhaft, zu Tränen.
Innen sind weiße Wände, der Geruch von Medikamenten, Monitore, Dropper, müde Ärzte.
– Hält sich kaum an den Geräten. Niemand ist gekommen. Keine Verwandten, keine Angehörigen. Keine Frau, keine Tochter.
– Eine ganz normale Geschichte. Ein alter Mann ohne Papiere. Ein Obdachloser, in der Tat.
– Vielleicht ist es Zeit zu beenden.…
Und dann wieder – bellen. So, dass das Herz erstarrte. Alle haben sich umgedreht. Und in diesem Moment zuckte Andritsch, der eine Woche lang wie tot lag, plötzlich zu.
– Das ist ein Freund.…
Die Stimme war kaum zu hören, aber sie war es. Lebendig.
Die Krankenschwester lief weg.
– Was haben Sie gesagt? Wiederhole es!
– Mein … Hund. Er ist es … Man muss … leben…
Alle Augen sind auf den Monitor gerichtet. Der Puls wurde häufiger. Der Druck ist gestiegen. Die Augen des alten Mannes haben sich geöffnet. Er ist zurückgekommen.
—Ein Wunder”, flüsterte jemand aus dem Personal. – Sein Hund hat ihn geweckt.
Die Geschichte flog schnell durch das Land: Schlagzeilen, Reportagen, Interviews. “Der Hund hat den Besitzer vor dem Tod gerettet», «Die Treue, die alles gewinnt», «Die rührende Wahrheit, vor der selbst Zyniker weinen». Journalisten belagerten das Krankenhaus. Der Freund wurde jetzt nicht einfach reingelassen – er bekam das Recht, ständig in der Nähe zu sein.
Er saß am Bett, legte seinen Kopf auf den Rand der Matratze, atmete mit Andritsch zusammen und wartete jeden neuen Tag.
Der alte Mann erholte sich langsam, aber sicher. Das Rohr für die Ernährung wurde durch einen Löffel mit Brühe, dann durch Brei und dann durch Gespräch ersetzt.
Eines Tages, als Andritsch bereits auf einem Stuhl sitzen konnte, betrat eine Frau das Zimmer. Sicherer Gang, Business-Anzug, Umhängetasche. Aber in ihren Augen schluchzte die Angst.
– Papa? sie sprach leise, aber fest.
Er hob den Blick auf. Ich habe lange geschaut. Und etwas in ihm hat sich zusammengedrückt.
– Tanechka?..
– Ich. Tanya. Ich habe dich gefunden … Ich habe dich in den Nachrichten gesehen. Diese Augen … Ich konnte sie nicht erkennen.
Er schwieg. Sie kam heran, setzte sich neben ihn und nahm seine Hand vorsichtig. Sie haben lange nicht gesprochen. Sie haben nur gehalten. Ein Freund hat leise gequält, als ob er daran erinnert: Er ist auch hier.
– Meine Mutter hat mir alles erzählt, bevor sie starb. Über das Haus, über Betrug, über Deutschland … Ich habe zum ersten Mal gemerkt, wie viel du für uns getan hast … ” die Stimme zitterte. – Du warst in der Nähe, als dir niemand erlaubt wurde, in der Nähe zu sein.
Andritsch schloss die Augen. Nicht vor Schmerzen. Zum ersten Mal – aus Erleichterung.
– Ich wohne in der Nähe. Mit Ihrem Mann. Mit zwei Söhnen. Ich möchte, dass du bei uns bist. Ich weiß, du traust dir nicht … aber ich möchte es in Ordnung bringen.
—Ein Freund ist bei mir”, antwortete er einfach.
– natürlich. Sie sind eins. Wir wollten schon lange einen Hund. Jetzt verstehe ich warum. Weil er dir gehört. Weil er ein Teil von dir ist.
Eine Woche später wurde Andrejitsch in ein Rehabilitationszentrum verlegt. Tanya hat alle Dokumente ausgestellt, Rechtsanwälte angeschlossen, den Sozialschutz eingeschaltet, die Rente wiederhergestellt. Sie hatte ein helles, warmes Zuhause. Laute, aber freundliche Enkelkinder. Ein Freund nahm alle auf einmal an — schnüffelte, leckte und begann zu wachen.
In der alten Datscha, in der sich Andritsch einst vor der Welt versteckte, blieb nur eine rostige Schüssel übrig. Jemand hat Wasser hineingelegt. Einfach so.
Denn Treue lebt nicht von Dingen. Treue lebt von Liebe.
Und manchmal — sehr selten, aber immer noch – ist sie es, die den Menschen nach Hause bringt.